Deutschland | Kernobst | Marktversorgung

Bio-Äpfel: Branche diskutiert die Zukunft

19.11.2021 (AMI) – Der Wunsch nach einer gesunden und klimaneutralen Ernährungsgrundlage pusht den Konsum von Bio-Äpfeln. Sind der Handel und die Produktion für die Zukunft gut aufgestellt? Dies diskutierten und analysierten 120 Teilnehmer auf dem 1. Bio-Forum Äpfel – Analyse 360° in Jork.

Konsumsteigerung bei Bio-Äpfeln

In den überwiegenden europäischen Ländern steigt der Konsum von Bio-Äpfeln. Mittlerweile hat der Marktanteil der Bio-Ware bei Äpfeln die Größenordnung von 4-5 % erreicht. Österreich hat schon die Marke von 10 % überschritten, in Deutschland liegt der Anteil aktuell bei 7,5 %.

Der Konsum in Ländern wie Italien und Frankreich mit einer enormen Produktionssteigerung ziehen nach, aber zu langsam. Auch In Osteuropa werden Bio-Äpfel noch zu wenig eingekauft. Die dortige Produktion ist mehr auf den Export nach Westeuropa ausgerichtet, insbesondere bei der Industrieware.

Dr. Friedhelm von Mering (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) referierte über den Europäischen Green Deal, der eine Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln um 50 % und die Ausdehnung der Öko-Flächen auf 25 % vorsieht. Allerdings müsse die Politik die ambitionierten Flächenziele in ihrer eigenen Beschaffung (öffentlichen Einrichtungen, Bundeswehr) auch auf Bio ausrichten. In puncto Forschung müssten die finanziellen Zuschüsse jedenfalls noch erhöht werden.

Hohe Produktionskosten

In diesem Zusammenhang wies Dr. Matthias Görgens auf den bisher erfolgreichen Umstieg von der IP- auf die Bio-Produktion von Äpfeln hin. Der Anteil der Bio-Fläche bei norddeutschen Äpfeln steige auf fast 20 %. Die Erträge fielen aber durchschnittlich um 30-35 % kleiner als bei der integrierten Produktion aus, zusätzlich sei der Arbeitseinsatz deutlich höher und damit kostenintensiver. Ein Problem seien außerdem die starken Ertragsschwankungen, wobei die nach Witterungsextremen stärker auftretenden Pilzerreger und tierischen Schädlinge schwerer zu bekämpfen seien. Dies erfordere im Markt eine höhere Wertschätzung der Bio-Produkte und letztendlich höhere Verbraucherpreise als für konventionell erzeugte Produkte, so Dr. Görgens.

Wichtig ist aber nicht nur der Markt für Tafelware, sondern auch der Industriesektor. Vertreter der Apfelsaftproduktion setzen auf Natursäfte aus regionaler Rohwarenversorgung. Auf internationaler Ebene nimmt der Druck auf die Preise zu, wobei hier vorrangig günstige Offerten aus Osteuropa zu nennen sind. Aber auch die Umstellung des süddeutschen Streuobstanbaus auf die zertifizierte Produktion von Bio-Äpfeln stellt die Vermarkter vor eine große Herausforderung. Die Referenten des Bio-Forums Äpfel sind zuversichtlich, über neue innovative Produkte den Angebotsdruck aus der Produktion halbwegs zu kompensieren.

Anbaufläche wächst um 67 %

Die Anbaufläche bei EU-Bio-Äpfeln hat seit dem Jahr 2015 um 67 % auf knapp 57.000 ha zugelegt. Frankreich und Italien haben ihre Fläche nahezu verdoppelt und müssen in naher Zukunft 30-50 % ihrer Produktion exportieren. Das Interesse außerhalb von Europa ist begrenzt, bleibt nur der EU-Binnenmarkt. Und hier sind große Anstrengungen erforderlich, den Konsum in Europa zu pushen. Stephan Schilling (Head of PR & Communications WE ARE ERA) referierte über die stärkere Einbindung von den modernen Medien, um bei Konsumenten noch mehr Interesse für Bio-Äpfel zu wecken. Eine Studie hat ergeben: „Junge Menschen sind unsicher, ob Bio drin ist, wo Bio draufsteht“. Dieser Unsicherheit könne man nur durch einen kontinuierlichen Dialog mit den Konsumenten begegnen.

Zu wenig deutsche Bio-Äpfel

Helwig Schwartau von der AMI berichtete über einen zumindest in Deutschland ausgeglichenen Markt für Bio-Äpfel. Die einheimische Produktion wachse langsam, und es könne in den kommenden Jahren zu Engpässen kommen. Schon heute gäbe es im letzten Saisondrittel eine zu schwache Warenverfügbarkeit mit eigenen Äpfeln. Unabhängig vom internationalen Warendruck bestehe in Deutschland Potential noch mehr Apfelanlagen auf die Bio-Produktion umzustellen. Durch die sehr hohen Anforderungen an die Produktion sollten sich aber nur Spitzenbetriebe mit der Umstellung befassen. Der Markt für Äpfel befinde sich im Umbruch. Bio-Äpfel seien gefragt, stellen für den Handel und die Produktion eine große, aber lohnende Herausforderung dar.


Beitrag von Helwig Schwartau
Bereichsleiter Gartenbau, Büro Hamburg

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Deutschland | Stängelgemüse | Angebot

Spargelfläche nimmt weiter ab

15.04.2024 (AMI) – Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurde im Jahr 2023 in Deutschland auf einer Ertragsfläche von 20.371 ha Spargel angebaut. Dies ist ein Rückgang von über 4 % zu 2022.   Mehr

Europa | Beerenobst | Angebot

Deutsche Erdbeersaison steht in den Startlöchern

11.04.2024 (AMI) – Der Bedarf an Erdbeeren bleibt hoch, da der Lebensmitteleinzelhandel seine Werbeaktivität nochmals erhöht hat. Nach wochenlanger überdurchschnittlicher Nachfrage verfehlte sie zuletzt den langjährigen Durchschnitt und ist nach den Osterfeiertagen etwas eingeknickt. Hier spielten jedoch auch die Ferienzeit sowie die späteren Osterfeiertage der letzten Jahre mit rein.   Mehr

Deutschland | Obst | Import

Obstimporte – Negativtrend gestoppt

05.04.2024 (AMI) – Nachdem Deutschland 2021 und 2022 rückläufige Mengen an Frischobst importiert hatte, konnte dieser Trend 2023 gestoppt werden.   Mehr