Deutschland | Vieh & Fleisch | Markttrends

Tierwohl, Transparenz und Zahlungbereitschaft im Fokus

02.06.2017 (AMI) – Die Tierhaltung und die Fleischwirtschaft sind, wie kaum eine andere Branche, einer stark emotionalen Sichtweise und einem hohen Erwartungsdruck der Bevölkerung ausgesetzt. Umso wichtiger ist zu wissen wo die Stellschrauben sind, um ein positives Image beim Konsumenten zu bekommen.

BranchenDialog Fleisch + Wurst 2017

Dr. Christoph Amberger (Forum Moderne Landwirtschaft e.V.) referierte zum Thema: Wo liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit der modernen Landwirtschaft? 60 % der Deutschen leben in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern. Daher ist es wichtig, Formate zu schaffen, um „den Städter abzuholen“. Die Stadtbewohner/innen machen sich selber ein Bild von der Landwirtschaft, zudem werden die Menschen immer kritischer. „Das ethische Bewusstsein hat sich intensiviert“, so seine Kernaussage.

Dabei gilt es, möglichst viel Werbebotschaften digital zu veröffentlichen. Über 70 % der Deutschen wissen wenig bis gar nichts über die Landwirtschaft. Die Empfehlungen: Tue Gutes und rede darüber.

Qualität ist, wenn der Kunde zurückkommt und nicht die Ware

40 % der Verbraucher achten auf die ethische Herstellung, so Martin Reuss (Qualivo Deutschland GmbH). „Verbraucher lieben regionale Produkte. Aber eins lieben Verbraucher noch mehr: Qualität und Genuss.“ Geschmack und Haltungsform sind beim Rindfleischeinkauf wichtiger als ein niedriger Preis, betonte Reuss. Einzig die Qualitäts-Marken werden überleben. Das Qualitätsfleischprogramm „Qualivo“ wandelt Fleisch in gute Erinnerung.

Nachfrage nach Schweinefleisch ist rückläufig

Dass die Nachfrage nach Schweinefleisch in Deutschland schwächelt, das zeigte Dr. Tim Koch (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft) anhand interessanter Marktcharts. Gleichzeitig steigt der Wettbewerb der Schlachtereien um den Rohstoff Schwein, für das Jahr 2017 sind moderate Rückgänge zu erwarten. Die Folge sind deutlich erhöhte Schweine- und Ferkelpreise. Der Export wird für Deutschland und Europa immer wichtiger. Der boomende Export von Schweinefleisch nach China kühlt sich ab. Gleichwohl ist der Importbedarf dort weiterhin hoch, aber auch der Wettbewerb zu preisgünstigeren Lieferanten aus den USA und aus Kanada nimmt zu.

Was ist denn Premium?

Anhand folgender Trends skizzierte Thomas Els (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft) Beispiele für eine wachsende Nachfrage nach Premiumprodukten. Seit einigen Jahren gibt es einen moderat steigenden Verzehr von Rindfleisch zu Lasten von Schweinefleisch. Hochwertige Rindersteaks liegen im Trend. Dies zeigt, dass die Kaufbereitschaft für hochwertige Ware vorhanden ist. Ferner wächst die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln jährlich um rund 10 %. Dabei hat Bio hat seinen Preis, der oft deutlich über dem Niveau von konventioneller Ware liegt. Zu guter Letzt hat der Außer-Haus-Verzehr und die Nachfrage nach Convenience-Produkten eine stramm aufwärts gerichtete Entwicklung.

Was ist für Verbraucher wichtig?

Geschmack, Regionalität und der Preis sind laut einer Umfrage wichtig für den Verbraucher. Tierwohl bekommt immer mehr Bedeutung, so Bernhard Burdick (Verbraucherzentrale NRW). Die Allgemeinheit hat den Wunsch, dass Landwirte verantwortungsvoll mit den Tieren umgehen. Immer mehr jüngere Leute verzichten ferner auf Fleisch. Es gibt eine Mehrzahlungsbereitschaft für Fleisch aus tiergerechter Produktion, diese Aussage von Burdick wurde allerdings im späteren Diskussionsforum kontrovers gesehen.

Fakten allein bringen nichts

„Es gibt hohe Ansprüche aber eine niedrige Zahlungsbereitschaft“. Diese These vertrat Dr. Willi Kremer Schillings („Bauer Willi“-rheinischer Ackerbauer + Agrarblogger). Die Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren sehr modernisiert, viele Bürger wünschen sich hingegen eine unmoderne Landwirtschaft –„Idylle pur“ wie beim Urlaub auf dem Bauernhof. Hier hat die Öffentlichkeitsarbeit akut Nachholbedarf, zudem die CMA als ehemalige Werbegesellschaft seit 2009 nicht mehr existiert. Als Empfehlungen für positive Werbung nannte Bauer Willi: Besser emotionale Geschichten mit Glaubwürdigkeit, weniger Fakten und am besten von den Bauern selbst oder von einfachen Produktionsmitarbeitern in Szene gesetzt.

Tierwohl und Transparenz wichtiger denn je

Im abschließenden Diskussionsforum herrschte Konsens darüber, dass die Initiative Tierwohl auf dem richtigen Weg ist. Ferner sind zu viele Labels und Qualitätssiegel verwirrend für die breite Schicht der Verbraucher. Landwirte und Verarbeiter sollten die Öffentlichkeit suchen und Gutes über ihre Arbeit berichten. Für den Verbraucher gewinnt die tiergerechte Tierhaltung immer mehr an Bedeutung. Dies sollte offen und ehrlich kommuniziert werden, das heißt auch stärker als bisher Fehlentwicklungen anzusprechen und die Produktionsverfahren einfach und ehrlich zu erklären.

Stets aktuell informiert bleiben Sie mit unserem Markt aktuell Vieh und Fleisch. Besuchen Sie dazu unseren Shop.

Beitrag von Matthias Kohlmüller
Marktexperte Fleisch- und Geflügelwirtschaft

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Deutschland | Rohmilch | Anlieferung

Milchanlieferung in Deutschland saisonal rückläufig

27.07.2017 (AMI) – In Deutschland ist das Rohstoffaufkommen in der zweiten Juniwoche erneut zurückgegangen, nachdem der Abwärtstrend in der Woche zuvor kurzfristig pausierte und die Milchanlieferung stabil geblieben ist.   Mehr

Deutschland | Schweine | Erzeugerpreise

Schlachtschweinepreis stabil bei 1,70 EUR/kg SG

26.07.2017 (AMI) – Auch wenn der stockende Fleischmarkt weiterhin auch den Handel mit Schlachtschweinen belastet, lassen sich die fortgesetzt überschaubaren Mengen doch zumeist zügig vermarkten.   Mehr

Deutschland | Öle | Großhandelspreise

Rapsölpreise brechen ein

26.07.2017 (AMI) – Die Rapsölforderungen wurden durch die geringe Nachfrage und schwächeren Rohstoffkurse belastet. Der feste Eurokurs setzt Importöle zusätzlich unter Preisdruck.   Mehr

Deutschland | Raps | Angebot

Fehlstart der deutschen Rapsernte

24.07.2017 (AMI) – Die Rapsernte hat begonnen, wurde allerdings frühzeitig durch Regenfälle unterbrochen, sodass umgehend Aufgelder für prompte Ware durchgesetzt werden konnten. Aber das Kaufinteresse erlahmte schnell und auch die Erzeuger sind momentan nicht drängend am Verkauf interessiert.   Mehr

Deutschland | Schrote | Marktversorgung

USA führt!

21.07.2017 (AMI) – Die Sojaschrotpreise folgen den schwächeren Terminkursen in Chicago und bremsen das Kaufinteresse. Besseres Wetter in den USA hebt die Aussicht auf eine größere Sojaernte. Mischfutterhersteller zeigen kaum Interesse an Rapsschrot.   Mehr

Deutschland | Brotgetreide | Ernte

Überraschend gute Ergebnisse in Frankreich

20.07.2017 (AMI) – Die Getreideernte rückt immer weiter in den Norden und die verfügbare Menge wächst, aber die Verarbeiter zeigen sich teils noch zurückhaltend. Mit den nun positiveren Aussichten, wollen sie verlässlichere Ernteergebnisse sehen, bevor sie handeln.   Mehr

Welt | Milch & Milchprodukte | Handel

Knappes Angebot verringert Welthandel

20.07.2017 (AMI) – Von Januar bis Mai 2017 sind die weltweiten Exporte von Butter und Butteröl überdurchschnittlich zurückgegangen. Auch bei Vollmilchpulver sind die Ausfuhren gesunken. Käse und Magermilchpulver wurden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vermehrt exportiert.   Mehr

Deutschland | Milch & Milchprodukte | Nachfrage

Rohstoffmärkte ferienbedingt ruhiger

20.07.2017 (AMI) – Mitte Juli hat sich die Lage an den Rohstoffmärkten weiter beruhigt. Die Ferienzeit machte sich auch an den Märkten für Rohmilch und Konzentraten bemerkbar. Die Preise blieben zumindest auf der Fettseite dennoch weiter auf Rekordniveau.   Mehr

Deutschland | Schweine | Erzeugerpreise

Schlachtschweinepreis stabilisiert sich auf 1,70 kg SG

19.07.2017 (AMI) – Der massive Druck auf die Schweinepreise seitens der Schlachtereien aus der Vorwoche und auch Anfang der laufenden Woche hat sich relativ schnell in Luft aufgelöst. Trotz weiterer Hauspreisandrohungen beharren die befragten Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaften auf eine unveränderte Preisempfehlung.   Mehr

Deutschland | Schweine | Tierbestand

Weniger Sauen, mehr Mastschweine

19.07.2017 (AMI) – Laut Viehzählung ging die Zahl der Schweinehalter aufgrund des ungebremsten Strukturwandels zurück. Am stärksten ist dies in der Ferkelerzeugung der Fall. Gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt werden in Deutschland von deutlich weniger Betrieben gleichviel Schweine gehalten. So standen am Stichtag dem 3. Mai 2017 in 23.800 Betrieben 27,1 Mio. Borstentiere.   Mehr