Europa | Getreide | Marktprognose

Angriff Russlands lässt Rohstoffnotierungen explodieren

04.03.2022 (AMI) – Nun ist es Realität – Russland hat die Ukraine angegriffen. Die Sorge vor Eskalation war begründet, jetzt werden sich die Warenströme neu formieren müssen. Dies sorgt für Verunsicherung, die sich an den Terminbörsen deutlich widerspiegelt. Dabei gibt es grundsätzlich Unterschiede zwischen dem Brotgetreide- und dem Futtergetreidemarkt.

Hinsichtlich Weizen sind Deutschland und die EU Selbstversorger und auf Importe aus Russland nicht angewiesen. Aber die attraktiven Preise und die Versorgungssicherheit in Jahren mit schwacher EU-Ernte spülten in den vergangenen 5,5 Jahren im Schnitt monatlich knapp 38.000 t russischen Weizen in die EU, nach Deutschland keine 1.000 t. Im laufenden Wirtschaftsjahr kamen bis zum 21.02.22 rund 354.250 t Weichweizen aus Russland und damit so viel wie aus keinem anderen Land. Auf Platz zwei der Lieferrangliste steht die Ukraine mit 321.300 t. Damit wurden bislang immerhin rund 40 % der Weizenimporte aus der Schwarzmeerregion geliefert. Die Weizenlieferungen von dort dürften aufgrund der schwierigen Verhältnisse nachlassen.

Und das beunruhigt weitaus abhängigere Käufer. So sehen sich bereits Importeure aus dem Nahen Osten, der Türkei und dem Maghreb nach Alternativen um. Das wären die EU, Argentinien und teils die USA. Wer zum Zuge kommt, bestimmen die Gebote, doch aufgrund der enormen Energie- und Frachtkosten könnte die EU und ihre geografische Nähe die Nase vorn haben. Anders hingegen in Ländern im südostasiatischen Raum. Frankreich konnte in der Vergangenheit Ware nach China liefern, Indonesien, Vietnam, Südkorea u.a. werden sich aber nach australischen oder US-Offerten umsehen. Diese unerwartete Nachfrage wird absehbar zu einem deutlichen Abbau der Lagerbestände in den anderen Exportländern führen.

Kurstreibend in Paris ist im Zusammenhang mit der Schwarzmeerkrise am Weizenmarkt vor allem der zu erwartende Nachfrageschub aus Drittländern, weniger die gebremsten Lieferungen. Die spielen am Futtergetreidemarkt die entscheidende Rolle. Immerhin ist die EU einer der größten Abnehmer für ukrainischen Mais. Und die Rolle ist mit dem unzureichenden Angebot aus Brasilien noch gewachsen. Rund 52 % der EU-Maisimporte im laufenden Wirtschaftsjahr kamen aus der Ukraine und ein Versiegen der Lieferungen würde die EU vor ein großes Problem stellen, denn das Maisangebot am Weltmarkt ist nicht so üppig, als das mal schnell und vor allem preisgünstig monatlich 775.000 t – so viel lieferte die Ukraine in den vergangenen 66 Monaten im Schnitt – von woanders angelandet werden könnten.

Und auch Deutschland ist auf Mais aus der Ukraine angewiesen. Vor allem in der zweiten Hälfte des Wirtschaftsjahres, wenn die Verkaufsmengen aus der heimischen Ernte versiegen und auch aus der EU immer weniger Ware kommt. Monatlich kamen in den vergangenen 66 Monaten gut 45.000 t Mais im Schnitt, im katastrophalen Maisjahr 2018/19 sogar Spitzenvolumen von bis zu 230.000 t. In Deutschland entwickelten sich im laufenden Wirtschaftsjahr 2021/22 die ukrainischen Maisimporte allerdings eher schleppend. Gründe sind die überdurchschnittlichen Ergebnisse, sowohl hierzulande als auch in der EU. Bis Ende Dezember kamen mit knapp 20.000 t gut 100.000 t weniger zu uns als im Vorjahreszeitraum.

Paris verzeichnet Kursgewinne von 62 EUR/t

An der Terminbörse in Paris und Chicago befestigen sich Weizen und Mais seit dem 17.02.22 nahezu ungebremst. An der CBoT erreicht der Weizenkontrakt ein Allzeithoch. In Paris wurden ebenfalls die bisherigen Rekordstände getoppt. Der Fronttermin kratzt an der Marke von 350 EUR/t. Der September 22 liegt bei 304 EUR/t. Mais in Paris verzeichnet ein Plus gegenüber Vorwoche von 77 EUR/t. Raps notiert für den Mai am 01.03.22 um 15:30 Uhr bei 824 (+69) EUR/t, der August-Kontrakt bei 709 EUR/t, das sind plus 82 EUR/t zur Vorwoche. Tendenz weiter steigend. Bei dieser Entwicklung setzt der Kassahandel vorerst aus. Großhandelspreise sind nur auf Anfrage erhältlich. Umsätze werden seit heute allerdings wieder verzeichnet.

Bereits in den Tagen zuvor hatte die Krise für stetigen Kursauftrieb gesorgt und damit auch die Preise am heimischen Kassamarkt befestigt. Der starke Auftrieb hat sowohl alterntige Ware aus den Händen der Lagerhalter gelockt als auch das Interesse an Vorkontrakten ex Ernte belebt. Allerdings kann nur von vereinzelten, sporadischen Geschäften gesprochen werden. Es wird damit gerechnet, dass Erzeuger im März, wenn die Lage auf den Feldern sicherer beurteilt werden kann, noch einmal zusätzliche Vorkontrakte abschließen werden.

Energiepreise steigen

Neben den direkten Einflüssen auf die Agrarpreise dürfte auch der Aspekt der Lieferausfälle an Gas und Rohöl zu weiteren Verteuerungen auf allen Märkten führen. Die aktuellen Sanktionen gegen Russland zielen auf Banken, Finanzmärkte und den Handel. Aber vor allem Deutschlands Veto gegen Nord Stream 2 dürfte die Gaslieferungen aus Russland unterbrechen. Das treibt die Gas- und Rohölnotierungen ebenfalls nach oben. Brent-Rohöl notiert im Moment der Berichtlegung mit einem Plus von 7 % zur Vorwoche auf 103,12 USD/bbl.


Bleiben Sie informiert mit tagesaktuellen Großhandelspreisen für Getreide und den Schlusskursen der Terminbörsen in der Markt Woche Getreide. Analysen und Marktlage erläutern Ihnen die Entwicklungen auf den Märkten für Brot- und Futtergetreide. Benötigen Sie ein Abo, dann finden sie hier die Bestellmöglichkeit.


Beitrag von Wienke von Schenck
Marktexpertin Pflanzenbau

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Deutschland | Rohmilch | Erzeugerpreise

Milchpreise nur noch leicht im Plus

12.04.2017 (AMI) – Die Erzeugerpreise für konventionell erzeugte Milch haben im Februar nur noch leichte Zuwächse verzeichnen können. Damit hat sich der Aufschwung, wie erwartet, weiter abgeschwächt. Ein erneutes Anziehen ist kurzfristig nicht in Sicht. Eher dürfte es aufgrund des schwächelnden Eiweißmarktes teilweise zu Korrekturen nach unten kommen. Stabilisierend wirkt sich hingegen die weiterhin deutlich unter dem Vorjahresniveau liegende Milchmenge aus, wovon vor allem die Fettseite profitiert hat. Bundesweit gesehen könnten sich daher steigende und sinkende Tendenzen zunächst mehr oder weniger aufheben.   Mehr

Deutschland | Lämmer | Nachfrage

Lammfleisch ist Klassiker zu Ostern

11.04.2017 (AMI) – Für die Bedienung der hohen Nachfrage nach Lammfleisch zu Ostern greift der Handel verstärkt auf Importe zurück. Zuletzt erhöhten sich Produktion und Konsum in Deutschland leicht.   Mehr

Welt | Getreide | Terminkontrakte

US-Getreidekurse ziehen nach USDA-Bericht an

07.04.2017 (AMI) – Jetzt hat die Verunsicherung vorerst ein Ende. Das US-Landwirtschaftsministerium hat die US-Flächenschätzungen zur Ernte 2017 veröffentlicht. Das zeigt sofort Wirkung an der Terminbörse.   Mehr

Deutschland | Butter | Preise

Anstieg der Butterpreise setzt sich fort

06.04.2017 (AMI) – Die Preise für Blockbutter haben Anfang April weiter zugelegt. Die Käufer hofften lange auf Preisrückgänge und zögerten Abschlüsse hinaus. Dieser Plan ging jedoch nicht auf, zuletzt nahm die Kaufbereitschaft daher trotz steigender Preisforderungen zu.   Mehr

Deutschland | Schweine | Erzeugerpreise

Schlachtschweinepreis deutlich gestiegen

05.04.2017 (AMI) – Die Nachfrage nach Schlachtschweinen ist von Seiten der Schlachtbranche rege bei unterdurchschnittlichen Angebotszahlen. Für den neuen Abrechnungszeitraum steht bei vielen befragten Erzeugergemeinschaften ein nicht zu großes Angebot in den Anmeldungen.   Mehr

Deutschland | Schrote | Preise

Mühlen halten sich zurück, Rapsschrot wird knapper

05.04.2017 (AMI) – Rapsschrot ist knapp und gesucht, was die Preise mit zusätzlicher Unterstützung festerer Vorgaben von der Pariser Börse steigen lässt. Der Sojaschrotmarkt zeigt sich belebter. Auf späteren Terminen im Sommer hat das Kaufinteresse angezogen und beschert Preisbefestigungen.   Mehr

Welt | Zucker | Marktversorgung

Zuckerpreise schwanken

05.04.2017 (AMI) – Am Weltmarkt wird 2017/18 wieder ein Produktionsüberschuss erwartet. Das Verhältnis von globalen Beständen zum Verbrauch stützt den Preis, da die Vorräte relativ klein sind. In der EU startet die Zuckerrübenproduktion unter sehr günstigen Witterungsbedingungen.   Mehr

Deutschland | Agrarwirtschaft | Index

AMI Rohstoff-Index bleibt fest gestimmt

31.03.2017 (AMI) – Deutsche Agrarrohstoffe haben sich im März 2017 nochmals etwas verteuert. Vor allem die Preise für Schlachtschweine zogen kräftig an. Im Vergleich zur regen Nachfrage der Schlachtereien war das Angebot knapp. Auch das Milchaufkommen in den Molkereien ist kleiner als vor einem Jahr. Die Preise für Rohmilch dürften um gut ein Viertel höher gelegen haben als im März 2016.   Mehr

Welt | Vieh & Fleisch | Nachfrage

Vieh & Fleischmarkt – Chancen und Herausforderungen in der Vermarktung

31.03.2017 (AMI) – Der neue US-Präsident hat angekündigt, die Handelsströme auf protektionistische Art und Weise durcheinander zu wirbeln. Der BREXIT ist offiziell eingeläutet. Die nächsten zwei Jahre stehen komplizierte Scheidungsverhandlungen an. Wie bleiben Sie wirtschaftlich erfolgreich?   Mehr

Europa | Getreide | Erzeugung

EU-Weizen in vielversprechendem Zustand durch den Winter gekommen

31.03.2017 (AMI) – Der Winter ist vorüber – die Feldarbeiten stehen jetzt im Fokus der Ackerbauern. Der Blick auf die Wintersaaten verheißt bislang gutes. Sie sind insgesamt in gutem Zustand. Vereinzelt gibt es Auswinterungsschäden, aber weniger als üblich. Allerdings hat es in Westeuropa zu wenig Niederschlag gegeben.   Mehr