Deutschland | Getreide | Angebot

2020 – auch ein spezielles Getreidejahr

23.12.2020 (AMI) – Wie schon im Vorjahr waren die Vegetationsbedingungen zur Ernte 2020 auf der Nord- und Südhalbkugel nicht optimal. Es gab erneut Ausfälle, so dass sich am Weltmarkt neue Handelspartner zusammenfanden. Allerdings konnten politische Ressentiments aufgrund der Corona-Pandemie teils überwunden werden.

Mit einer Pandemie hatte 2020 keiner gerechnet. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung belastete alle Bereiche, Finanz-, Energie– und Rohstoffmärkte. Aber schnell wurde erkennbar, was wirklich wichtig wurde. Die weltweite Einschränkung der Mobilität ließ die Rohölmärkte ebenso einbrechen wie die Nachfrage nach Rohstoffen zur Biokraftstoffproduktion.

Die Haushaltsnachfrage nach Mehl und Nudeln stieg indes sprunghaft, sodass deren Rohstoffe gesucht und teurer wurden. Anders hingegen beim Bier, dessen Verbrauch mit Schließung der Gastronomie und dem Ende der Großveranstaltungen ebenfalls spürbar schrumpfte.

Im Sommer setzte die Aussicht auf eine größere Ernte dann alle Getreidepreise unter Druck, von schwachen internationalen Kursen, aufgrund der positiven Versorgungsprognosen, zusätzlich belastet. Das sollte sich dann so allerdings nicht bestätigen. Die Ernten in wichtigen Erzeugungsregionen und in Deutschland fielen kleiner aus als erwartet.

Als dann im Herbst die Corona-Zahlen wieder stiegen und die Sorge vor umfassenden Lockdown-Maßnahmen die Nachfrage ankurbelten, kam es zu starken Preisbewegungen nach oben. Ebenfalls mit Unterstützung vom Weltmarkt, wo unerwartet lebhaft Weizen, Mais und Gerste gesucht wurden und noch werden. Weizen wurde erstmals seit zwei Jahren wieder über der Linie von 200 EUR/t bewertet. Jedoch haben die deutschen Landwirte nicht mehr viel Getreide im Lager, um von steigenden Preisen zu profitieren.

EU verliert Exportanteile

Im laufenden Wirtschaftsjahr wird doch nicht so wenig Weizen weltweit gehandelt werden wie anfänglich prognostiziert. Das USDA erhöhte laufend seine Prognose. An der Spitze der Exporteure von Weizen und Weizenmehl hat sich Russland fest etabliert. Mit der zuletzt erhöhten Ernteschätzung wurde auch die Exportprognose angehoben und damit steht Russland unangefochten auf Platz 1. Dahinter dürfte im laufenden Wirtschaftsjahr die USA, deren Exportvolumen gegenüber Vorjahr nahezu stabil bleibt. Auf Platz drei rutscht die EU, deren kleinere Ernte die Exportaussichten schmälert. Ganz anders Australien: Dort werden gute Vegetationsbedingungen die Weizenernte nahezu verdoppeln und damit das Exportpotenzial um 80 % anheben. Damit verdrängt Australien die Ukraine auf Platz 6.

Ausblick auf den deutschen Getreidemarkt 2021

Auch wenn die Hoffnung auf einen baldigen Impfstoff gegen das Coronavirus die Lage an den Märkten mittelfristig etwas positiver erscheinen lässt, noch herrscht Besorgnis über mögliche Angebots- beziehungsweise Lieferbeschränkungen, wie es sie im Frühjahr 2020 bereits gegeben hatte. Das treibt die weltweite Nachfrage nach Getreide an und die Preise nach oben. Fürchteten die Exporteure in der EU zu Beginn der Saison wegen der kleineren Getreideernte von der Konkurrenz am Weltmarkt preislich abgeschlagen zu werden, räumen die Preisentwicklungen zum Jahresende 2020 dem EU-Getreide am Weltmarkt durchaus Chancen ein. Das schafft mehr Getreide aus dem Land als erwartet. Demnach könnte den EU-Anbietern schnell die Puste ausgehen, sollte das Tempo anhalten. Vor allem, da die Erzeuger ihre spürbar schwindenden Vorräte in einem festen Markt stärker zurückhalten. In der zweiten Wirtschaftsjahreshälfte dürften in Deutschland auch die Mühlen wieder Bedarf signalisieren. Gleiches gilt die Mischfutterhersteller. Trotz der großen Unsicherheit durch Ausbruch und Verbreitung der Afrikanische Schweinepest, wurde in der laufenden Saison bislang mehr Mischfutter für Schweine produziert. Der Verarbeitungsstau in den Schlachtereien, ebenfalls eine Folge der Corona-Pandemie, steigert den Bedarf an Schweinefutter. Dieser Knoten dürfte sich nur langsam lösen. Aber es ist absehbar, dass die sinkenden Viehbestandszahlen mittelfristig zu einem sinkenden Getreidebedarf führen dürften. Aber bis zum Anschluss an die kommende Ernte könnte es dennoch knapp werden. Im Wirtschaftsjahr 2019/20 lag der Getreideverbrauch in Deutschland vor dem Hintergrund einer Ernte in Höhe von 44 Mio. t bei schätzungsweise 42,5 Mio. t. In dieser Saison ist die Ernte gut 1 Mio. t kleiner, sodass umfangreiche Importe zur Bedarfsdeckung notwendig werden. Importe sind jedoch in diesem Jahr deutlich teurer. Sollte sich das begrenzte Angebot an Frachtraum fortsetzen, dürften zusätzliche Aufgelder fällig werden. Positive Aussichten gibt es momentan bezüglich der Anbauflächen. Günstigere Aussaatbedingungen in Westeuropa lassen vermuten, dass die Wintergetreidefläche wieder ausgedehnt werden.

Was wird wichtig?

Die knappe globale Versorgung mit teils schwindenden Vorräten, der Außenhandel der EU und Deutschlands und die Feldbestandsentwicklungen in Europa sind in den kommenden Monaten die wichtigsten Preisfaktoren am deutschen Getreidemarkt. Diese werden durch die AMI-Marktexperten wöchentlich verfolgt, kommentiert und eingeordnet. Als Kunde von AMI Markt aktuell Getreide steht Ihnen dieses Informationsangebot jederzeit zur Verfügung.

Sie sind an einer jährlichen Auswertung zu den verschiedenen Agrarrohstoffmärkten interessiert, dann ist der AMI Markt Report – Fakten und Trends 2021 die richtige Wahl.


Beitrag von Wienke von Schenck
Marktexpertin Pflanzenbau

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Europa | Ölsaaten | Außenhandel

EU-Rapsimporte ein Drittel unter Vorjahresniveau

11.03.2024 (AMI) – Im laufenden Wirtschaftsjahr 2023/24 sind die Rapseinfuhren in die EU-27 bislang deutlich zurückgegangen, nachdem sie in der vorangegangenen Saison merklich gestiegen waren.   Mehr

Welt | Getreide | Angebot

Weltweit wird das Maisareal größer

11.03.2024 (AMI) – Der Internationale Getreiderat rechnet für 2024/25 mit einer uneinheitlichen Entwicklung der Anbauflächen in den wichtigsten Anbauländern.   Mehr

Deutschland | Rohmilch | Erzeugerpreise

Milchpreise: Zuwächse überwiegen zum Jahresauftakt

11.03.2024 (AMI) – Im Januar 2024 haben sich die Erzeugerpreise für konventionell erzeugte Rohmilch in Deutschland uneinheitlich entwickelt. Insgesamt überwogen jedoch steigende Tendenzen und das Bundesmittel legte nochmals leicht zu.   Mehr

Welt | Milch & Milchprodukte | Erzeugung

Australische Milcherzeugung übertrifft Vorjahresniveau

08.03.2024 (AMI) – In den ersten sieben Monaten des Milchwirtschaftsjahres 2023/2024 lieferten die Landwirte in Australien mehr Milch an als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Bei den Produktionsmengen waren die Tendenzen uneinheitlich.   Mehr

Deutschland | Rohmilch | Erzeugerpreise

Bio-Milchpreis startet 2024 mit leichtem Plus

07.03.2024 (AMI) – Im Januar 2024 erhielten die Bio-Milchbetriebe im bundesweiten Schnitt 55,9 Ct/kg für ihren ökologisch erzeugten Rohstoff mit 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß, so erste Berechnungen der AMI.   Mehr

Welt | Getreide | Kursentwicklung für Weizen und Mais

Chicago: Weizen erreicht 3,5-Jahrestief

07.03.2024 (AMI) – Während die US-Weizennotierungen auf Wochensicht deutlich nachgeben, können sich die Maiskurse an der Börse in Chicago befestigen.   Mehr

Deutschland | Vieh & Fleisch | Markttrends

Viele aktuelle Themen auf einen Blick

07.03.2024 (AMI) – Wie in den Vorjahren erwarten Sie auch 2024 eine Vielzahl hochkarätiger Referenten und spannender Themen rund um den Fleisch- und Wurstmarkt.   Mehr

Deutschland | Rohmilch | Anlieferung

Moderater Anstieg der Milchmengen

07.03.2024 (AMI) – Das Rohstoffaufkommen nahm Ende Februar leicht zu. Das Vorjahresniveau wurde nach wie vor verfehlt.   Mehr

Deutschland | Schweine | Handel

Fleischhandel bremst den Schlachtschweinemarkt aus

06.03.2024 (AMI) – Wie schon in den vergangenen Wochen ist das Angebot an Schlachtschweinen weiter klein und lässt sich problemlos vermarkten. Gleichzeitig ist die Nachfrage aber nicht mehr ganz so flott, die Schwierigkeiten am Fleischmarkt machen sich bemerkbar.   Mehr

Europa | Ölsaaten | Kursentwicklung für Soja und Raps

Paris: Rapskurse drehen ins Plus

06.03.2024 (AMI) – Tallage kürzte seine Schätzung für die diesjährige EU-Rapsernte, was den Notierungen Aufwind verlieh. Auch die zwischenzeitlich festen Rohölkurse boten den Rapskursen Unterstützung. Die südamerikanische Sojaernte kann den Kursanstieg nur geringfügig begrenzen.   Mehr