Unsichere Versorgung treibt Getreidepreise 2022
Im Spannungsfeld zwischen erneuten Lockdowns aufgrund von Corona, vor allem beim größten Weltmarktkäufer China, aber auch durch die gleichzeitig stark gestiegene Nachfrage nach Lebensmitteln aufgrund des Endes der Lockdowns in Europa, bewegten sich die Preise für Getreide stetig nach oben. Es war zu wenig da – von allem. Vor allem Energie wurde teuer und trieb zudem die Düngemittel- und Frachtpreise in die Höhe. Die Verunsicherung war bereits zu Jahresbeginn hinsichtlich der Versorgung groß. Aber das war nichts im Vergleich zu dem, was mit dem Krieg in der Ukraine losbrach. Ein Feuerwerk der Kurse. Panikkäufe der Verarbeiter oder großer Importländer, Exportstopps traditioneller Lieferländer. Die Aussichten für reibungslose Warenströme waren denkbar schlecht. Doch der Markt regelt alles. Die Rekordkurse konnten nicht gehalten werden, denn auf den Niveaus kamen von überall Angebote, jedenfalls was Getreide und Ölsaaten anging. Allerdings halten sich die Niveaus auch jetzt noch weit über dem Durchschnitt. Dies ist vor allem an den Futtermittelpreisen ablesbar und erhält im Veredelungssektor weiterhin die Unrentabilität. Mit Gas und Rohöl sah die Belieferung allerdings weniger gut aus, denn der Bann russischer Lieferungen verteuerte vor allem in Deutschland massiv die Kraftstoff- und Düngerpreise, die erst seit November 2022 allmählich den Rückwärtsgang einlegen.
Ausblick
Die Märkte für Brot– und Futtergetreide dividieren sich immer
weiter auseinander. Nicht nur die Produktpalette unterscheidet
sich, auch das Nachfrageverhalten der Käufer. Während sich aufgrund
der starken Volatilität der Preise die Mühlen längerfristig mit
Brotgetreide eindecken, passen sich die Mischfutterhersteller ihren
Kunden an, die insbesondere in hochpreisigen Phasen nur noch von
der Hand in den Mund bestellen. Die Mühlen verarbeiteten, nach dem
Peak im März 2020, im weiteren Verlauf unterdurchschnittliche
Mengen an Weichweizen. Erst Ende 2021 war die Talfahrt beendet und
im März 2022 ein neuer Höchstwert erreicht. Im Zeitraum von Januar
bis September 2022 wurden acht Prozent mehr Weizen verarbeitet
als im Vorjahreszeitraum. Demgegenüber befindet sich die
Getreideverarbeitung der Mischfutterhersteller im Sinkflug,
besonders deutlich seit Januar 2021. Rund neun Prozent weniger
Getreide wurden 2022 zu Mischfutter verarbeitet, weil letzteres
weniger benötigt wurde. Beide Trends werden anhalten und demnach
den Bedarf an Futtergetreide schmälern, während Brotgetreide und
Industriegetreide weiterhin in steigendem Maße benötigt werden. Das
ist umso prekärer, als dass die Politik den Pflanzenschutz, die
Düngung und die Flächennutzung weiter einschränkt. Bereits 2022
erzielte Qualitätsweizen einen noch nie dagewesenen Aufschlag von
30 EUR/t gegenüber Brotweizen, weil er knapp war.
Die Preisentwicklung für Getreide wird maßgeblich vom Umfang der
ukrainischen Lieferungen in den kommenden Wochen abhängen. Noch
können die Anbieter dort auf die großen Vorräte aus der Ernte 2021
zurückgreifen, denn die Ernte 2022 war wegen des Krieges bereits
deutlich kleiner. Sollte der Krieg weitergehen, wird das
Erntepotenzial in der Ukraine noch weiter schrumpfen, da es, noch
stärker als 2022, an Saatgut, Kraftstoff, Pflanzenschutzmitteln und
vor allem Arbeitskräften mangeln wird. Das limitiert das weltweite
Angebot an Weizen und Mais und wird sich in der Preisentwicklung
zeigen. In anderen Exportländern wird der Anbau aufgrund dieser
Lücke ausgeweitet werden. Wie viel letztendlich vom Acker kommt,
wird aber – wie immer – von der Witterung abhängen.
Mehr über die aktuellen Geschehnisse an den internationalen Getreidemärkten erfahren Sie über unseren Online-Dienst Markt aktuell Getreide. Sie sind noch kein Kunde und möchten Markt aktuell Getreide kennenlernen? Dann bestellen Sie jetzt Ihr Abonnement.
© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH
ZurückLogin
Das könnte Sie auch interessieren

Wienke von Schenck
Marktanalystin Getreide und Ölsaaten
Tel. (0228) 33805-351
Autorin von Fachbeiträgen und Analysen zum Getreide-, Futtermittel- und Ölsaatenmarkt, Referentin auf Veranstaltungen des Agribusiness, Mitarbeit in Fachgremien