Deutschland | Getreide | Marktversorgung

Vom ersten Schreck erholt

02.01.2024 (AMI) – Auch wenn die deutsche Getreideernte qualitativ einiges zu wünschen übrigließ, Knappheit trat zu keinem Zeitpunkt auf, außer an Qualitätshafer und Braugerste. Anderen Getreidearten verloren bis zu 36 % an Wert – doch unter Vorjahreslinie liegen sie alle.

Hierzulande sah es zu Beginn der Saison aufgrund der ausgedehnten Wintergetreideflächen und optimistischer Ertragserwartungen für Mais noch nach einer guten Getreideernte 2023 aus. Doch ungünstige Vegetationsbedingungen und vor allem der Regen zur Ernte drückten das Ernteaufkommen. Nur die Maisernte fiel mit 4,2 Mio. t überraschend umfangreich aus. Weichweizen verfehlte aufgrund kleinerer Anbaufläche und geringerer Erträge mit 21,3 Mio. t das Vorjahresergebnis um 1 Mio. t. Zusätzlich konnten viele Mahlweizenpartien nur noch in Futterqualität gedroschen werden, so dass der Anteil an der Gesamtweizenernte auf schätzungsweise 64 % abrutschte. In den Jahren zuvor lag dieser bei knapp 80 %. Demgegenüber überraschte die Hartweizenernte mit größerer Anbaufläche und überdurchschnittlichen Erträgen mit 11 % mehr als 2022. Die Gerstenernte brachte 2023 ebenfalls mehr Futterpartien als üblich. Die um 14 % deutlich eingeschränkte Sommergerstenfläche und die zusätzlich 16 % geringeren Erträge lieferten eine bescheidene Braugerstenernte von schätzungsweise 780.000 t. Das sind 500.000 t weniger als im Vorjahr. Der Rest von den 11,1 Mio. t Gesamtgerstenernte sind für die Verfütterung. Die Roggenernte lag mit größerer Fläche und niedrigeren Erträgen auf Vorjahresniveau. Hafer brachte mit 467.000 t rund 38 % weniger als im Vorjahr.

Teils hohe Qualitätsaufschläge

Die Lage an den Getreidemärkten entspannte sich nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine stetig, so dass nach der Preisexplosion im März 22 ein nahezu unaufhaltsamer Preisrückgang einsetzte. Eine preisfeste Phase gab es im Oktober 22 als die schwache Getreideernte kurzzeitig Preiswirkung entwickeln konnte. Danach ging es weiter abwärts. Dabei waren es vor allem die Entwicklungen am Weltmarkt, die zu Preisdruck führten. Starke Exportkonkurrenz von russischem Weizen am Weltmarkt sowie umfangreiche EU-Importe aus der Ukraine an Mais und aufgrund der veränderten Warenströme sogar an Weizen öffneten den Preisspielraum nach unten. Im Juni 23 erreichten die deutschen Getreidepreise die Talsohle, danach ging es ganz unterschiedlich weiter. Knappe Industriegetreide, die kaum Konkurrenz durch Importware verzeichnen, legten spürbar zu: Braugerste war in der ersten Hälfte des Wirtschaftsjahres 2023/24 mit gut 310 EUR/t rund 140 EUR/t teurer als Futtergerste, Qualitätshafer kostete unüblicherweise mit 213 EUR/t mehr als Brotweizen (207 EUR/t). Futterweizen, Futtergerste sowie etwas zeitverzögert auch Mais gaben im Preis nach und verharrten auf diesem Niveau vergleichsweise unbeweglich.

Ausblick

Das unterschiedliche Einkaufsverhalten der Verarbeiter – Mühlen schubartig, Mischfutterhersteller stetig – werden auch in der zweiten Wirtschaftsjahreshälfte den Getreideabsatz charakterisieren. Das heimische Angebot ist sehr uneinheitlich: knapp für qualitativ hochwertige Partien und reichlich für Futterware. Allerdings lassen sich daraus keine nennenswerten Preisaufschläge generieren, denn die Importe werden auch weiterhin das heimische Angebot vervollständigen, mit Ausnahme von Braugerste und Qualitätshafer. Erzeuger werden mit den, aus ihrer Sicht, unattraktiven Geboten weiterhin zögerlich prompte Ware und Partien ex Ernte 24 verkaufen. Die größten Preiseinflüsse werden von außen kommen. Dabei schlagen die Entwicklung in den konkurrierenden Exportländer genauso zu Buche wie die Warenströme ins Inland.

Mehr über die aktuellen Geschehnisse an den internationalen Getreidemärkten erfahren Sie über unseren Online-Dienst Markt aktuell Getreide. Sie sind noch kein Kunde und möchten Markt aktuell Getreide kennenlernen? Dann bestellen Sie jetzt Ihr Abonnement.

Beitrag von Wienke von Schenck
Marktexpertin Pflanzenbau
Druckversion als PDF öffnen

© Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH

Zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Welt | Ölsaaten | Kursentwicklung für Soja und Raps

Chicago: Wettermärkte treiben Sojanotierung

24.04.2024 (AMI) – Prognostizierte Niederschläge in den USA stützen die Sojakurse, da die Aussaat verzögert werden könnte. Unterstützung bieten zudem lebhafte Kontraktkäufe nach dem 7-Wochentief.   Mehr

Deutschland | Schweine | Erzeugung

Schweinemast bleibt wirtschaftlich

24.04.2024 (AMI) – Die Schlachterlöse für Schweine haben sich im April auf dem zuvor erreichten hohen Preisniveau stabilisiert. Damit ist für die Mäster bei einer fast unveränderten Kostenstruktur ein auskömmliches Einkommen in der Schweinemast erreichbar.   Mehr

Deutschland | Vieh & Fleisch | Nachfrage

Langsamerer Rückgang beim Fleischverzehr erwartet

24.04.2024 (AMI) – Bereits seit dem Jahr 2018 fällt der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch Jahr für Jahr. Allerdings wird in der Schätzung für das aktuelle Jahr von einer geringeren Abnahme ausgegangen.   Mehr

Europa | Verarbeitungsware | Markttrends

Knapp versorgte Kartoffelmärkte

22.04.2024 (AMI) – Ein weiteres Hochpreisjahr läuft bei Speisekartoffeln sehr bald und bei Verarbeitungsrohstoff wohl auch früher als gewünscht aus. Hersteller von Kartoffelprodukten fürchten erneute Versorgungslücken beim Rohstoff bis zur neuen Ernte. In Westeuropa wurde bisher zu wenig gepflanzt. Dabei ist die Produktnachfrage groß.   Mehr

Welt | Ölsaaten | Marktprognose

Ukraine: Flächenplus bei Raps und Soja

22.04.2024 (AMI) – Sowohl die Anbaufläche für Raps als auch für Soja dürfte zur Ernte 2024 ausgedehnt werden.   Mehr

Deutschland | Milch & Milchprodukte | Haushaltsnachfrage

Pro-Kopf-Verbrauch von Molkereiprodukten reduziert

19.04.2024 (AMI) – In Deutschland nahm der Pro-Kopf-Verbrauch von Molkereiprodukten im Jahr 2023 überwiegend ab. Insbesondere Frischmilcherzeugnisse waren davon betroffen.   Mehr

Welt | Getreide | Kursentwicklung für Weizen und Mais

Chicago: Fester Dollar kompensiert Kursminus

18.04.2024 (AMI) – Ungünstige Bedingungen in den südamerikanischen Maisanbaugebieten können die Kurse nicht stützen, denn die Prognosen zu den Ernten sind widersprüchlich. Weizen verliert angesichts des festen US-Dollars sowie umfangreicher US-Vorräte.   Mehr

Deutschland | Milch & Milchprodukte | Preise

Uneinheitliche Preisentwicklung

18.04.2024 (AMI) – Den Höchstpreisen im Jahr 2022 folgte Anfang 2023 zunächst eine Preiskorrektur. Eine Erholung ließ lange auf sich warten.   Mehr

Deutschland | Käse | Angebot

Markt für Käse ausgeglichen

18.04.2024 (AMI) – Die Abrufe von Schnittkäse zogen Mitte des Monats leicht an. Dabei hielten sich Angebot und Nachfrage die Waage. Dies führte zu stabilen Preisen.   Mehr

Deutschland | Schweine | Handel

Druck der Schlachtunternehmen nimmt zu

17.04.2024 (AMI) – Wie in der Vorwoche wird der Schlachtschweinemarkt mehrheitlich als ausgeglichen eingestuft. Regional sind die Mengen etwas zu umfangreich, teilweise drosseln die Schlachtunternehmen ihre Aktivitäten und erhöhen den Druck.   Mehr